Abstract
Mit Beginn der 1930er Jahre wurde die Altstadt Zürichs Gegenstand
systematischer Erforschung und Bewertung. Die Ergebnisse dieser ambitionierten
Erfassung des Bestands dienten der Feststellung des historischen Bau- und
Kulturerbes wie auch der Vorbereitung der Altstadtsanierung. Bis in die 1970er Jahre
bildeten sie das Dispositiv für die bauliche Umwandlung und Tradierung des
Bestands – vorzugsweise der hochwertigen Objekte im öffentlichen Besitz. Aus
denkmalpflegerischer Perspektive wurde in der Folge das Bauerbe als bewahrt
verstanden und fast vollständig im Denkmalinventar gelistet. Dennoch unterlag der
Bestand weiterhin materiellen Veränderungen. Im Kontext des internationalen
stadtplanerischen Diskurses der Beseitigung von Elendsvierteln stand auch der
Umgang mit der Zürcher Altstadt. Umfangreiche modernisierende Eingriffe
transformierten Baustruktur und Erscheinungsbild.
Die vorliegende Arbeit zeigt die Widersprüchlichkeit des Umgangs mit dem Bestand in
der letzten Jahrhundertmitte auf und setzt sie in Bezug zu den damaligen Praktiken
und Leitbildern der Erhaltung. Die Wechselwirkungen von Erfassen und Bauen im
Bestand werden nachgezeichnet und auf zeitgenössische denkmalpflegerische,
architektonische und stadtplanerische Diskurse hin erklärt.
Bauaufnahme- und Sanierungspläne, Fotografien und deren Retuschen,
Inventareinträge und denkmalpflegerische Leitsätze, Richtpreise und standardisierte
Leistungsbeschreibungen, Gestaltideale in Gutachten und Baugenehmigungen waren
Mittel der Dokumentation und Interpretation des Baubestands der Altstadt. Erzeugt
wurde ein idealisiertes und reproduzierbares Verständnis des Bestands, das zur
planerischen Vorlage für dessen erneuernde Erhaltung wurde. Die Bestätigung der
historischen Identität des Bestands erfolgte letztlich durch Vergleich mit jenem
Abbild, auf dessen Grundlage erhalten wurde.
Gegenüber den idealisierenden Leitbildern hatte das materielle Überleben der
historischen Bausubstanz zurückzutreten. Denn gerade ihre tatsächliche
Vielschichtigkeit und Heterogenität stellte die zu verwirklichende
Selbstverständlichkeit der ‹alten Stadt› in Frage. Die Praktiken der Erhaltung wirkten
dabei als normierende Mechanismen der Konstruktion eines ‹kulturellen
Gedächtnisses›. Folgen einer auf Beständigkeit gestellten repetitiven Anwendung
technischer Reproduktionen waren absichtsvolle Bereinigungen ebenso wie
nichtintendierte Verluste. Der Bestand wurde vereinheitlicht und verlor an
historischer Komplexität. Zu neuem Hinterfragen kam es erst, wo das normierte
Verhalten zum Bestand nicht ausreichte – oder die zum Klischee gewordene
wiederholte Reproduktion dem historischen Einzelfall nicht mehr gerecht zu werden
vermochte.
systematischer Erforschung und Bewertung. Die Ergebnisse dieser ambitionierten
Erfassung des Bestands dienten der Feststellung des historischen Bau- und
Kulturerbes wie auch der Vorbereitung der Altstadtsanierung. Bis in die 1970er Jahre
bildeten sie das Dispositiv für die bauliche Umwandlung und Tradierung des
Bestands – vorzugsweise der hochwertigen Objekte im öffentlichen Besitz. Aus
denkmalpflegerischer Perspektive wurde in der Folge das Bauerbe als bewahrt
verstanden und fast vollständig im Denkmalinventar gelistet. Dennoch unterlag der
Bestand weiterhin materiellen Veränderungen. Im Kontext des internationalen
stadtplanerischen Diskurses der Beseitigung von Elendsvierteln stand auch der
Umgang mit der Zürcher Altstadt. Umfangreiche modernisierende Eingriffe
transformierten Baustruktur und Erscheinungsbild.
Die vorliegende Arbeit zeigt die Widersprüchlichkeit des Umgangs mit dem Bestand in
der letzten Jahrhundertmitte auf und setzt sie in Bezug zu den damaligen Praktiken
und Leitbildern der Erhaltung. Die Wechselwirkungen von Erfassen und Bauen im
Bestand werden nachgezeichnet und auf zeitgenössische denkmalpflegerische,
architektonische und stadtplanerische Diskurse hin erklärt.
Bauaufnahme- und Sanierungspläne, Fotografien und deren Retuschen,
Inventareinträge und denkmalpflegerische Leitsätze, Richtpreise und standardisierte
Leistungsbeschreibungen, Gestaltideale in Gutachten und Baugenehmigungen waren
Mittel der Dokumentation und Interpretation des Baubestands der Altstadt. Erzeugt
wurde ein idealisiertes und reproduzierbares Verständnis des Bestands, das zur
planerischen Vorlage für dessen erneuernde Erhaltung wurde. Die Bestätigung der
historischen Identität des Bestands erfolgte letztlich durch Vergleich mit jenem
Abbild, auf dessen Grundlage erhalten wurde.
Gegenüber den idealisierenden Leitbildern hatte das materielle Überleben der
historischen Bausubstanz zurückzutreten. Denn gerade ihre tatsächliche
Vielschichtigkeit und Heterogenität stellte die zu verwirklichende
Selbstverständlichkeit der ‹alten Stadt› in Frage. Die Praktiken der Erhaltung wirkten
dabei als normierende Mechanismen der Konstruktion eines ‹kulturellen
Gedächtnisses›. Folgen einer auf Beständigkeit gestellten repetitiven Anwendung
technischer Reproduktionen waren absichtsvolle Bereinigungen ebenso wie
nichtintendierte Verluste. Der Bestand wurde vereinheitlicht und verlor an
historischer Komplexität. Zu neuem Hinterfragen kam es erst, wo das normierte
Verhalten zum Bestand nicht ausreichte – oder die zum Klischee gewordene
wiederholte Reproduktion dem historischen Einzelfall nicht mehr gerecht zu werden
vermochte.
Original language | German |
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State | Published - 2015 |